Online-Marktplätze gibt es etwa so viele wie Bäume im Wald. Einer davon heisst Stoffwald. Lanciert hat ihn die Zürcherin Esther Pfister diesen Frühling. Auf der Plattform gibt es Stoffe, Nähmaschinen, Nähzubehör sowie Schnittmuster von unterschiedlichen Nähgeschäften. Dass das Prinzip bei Pfister – trotz Amazon und Digitec Galaxus – funktioniert, liege daran, dass sich Stoffwald auf eine konkrete Nische konzentriert. «Mein Anspruch mit dem Stoffwald ist es, Nähshops dabei zu unterstützen, im Wettbewerb im grossen weiten Internet zu bestehen», sagt Pfister.
Als Nische wird der Stoffhandel inklusive Zubehör bezeichnet, da der schweizweite Markt aus rund 400 Läden besteht, die alle vergleichsweise klein sind. Zusammengenommen aber setzen sie einiges an Geld um. Laut Pfister wird in diesem Marktsegment jährlich für rund 100 Millionen Franken eingekauft. Damit ist klar: Nähen liegt wieder im Trend.
Zusammen ist es einfacher
Weil auch in diesem Bereich das digitale Einkaufen immer gefragter wird, kam Pfister auf die Idee, alle kleinen Nähläden auf einer Plattform miteinander zu verbinden: «In der Schweiz sind fast alle Stoffhändler Kleinunternehmen mit wenigen Angestellten. Keines dieser Unternehmen kann es sich leisten, mehrere zehn- oder hunderttausend Franken in die IT zu investieren», so Pfister. Der Vorteil daran sei, dass der einzelne Ladeninhaber seine Ware unabhängig im Internet anbieten könne und so nur einen Bruchteil der gesamten IT-Kosten tragen müsse. Seit der Lancierung im Frühling bieten mittlerweile 20 Stoffläden ihre Waren über Pfisters Plattform an.
Die Preise für Stoffe und das Nähzubehör setzen die jeweiligen Geschäfte selber. Die Kunden würden immer beim Nähshop direkt bestellen. Damit die Käufer auch immer das bekommen, was sie suchen, werden nur Waren angeboten, die die Läden an Lager haben.
Dieses betreiben sie selber oder aber lagern die Logistik an Pfister aus. Vier der bislang 20 Stoffwarengeschäfte lagern ihre Ware im Zentrallager in Rothrist. Damit garantiert man laut Pfister eine möglichst schnelle Abwicklung der Bestellung.
«Beim selber Nähen geht
es den Leuten wohl um
einen Ausgleich zum digitalen
Alltag und darum, etwas
Individuelles zu kreieren.»
Esther Pfister Gründerin von Stoffwald
Grössere Auswahl für Kunden
Ein gemeinsames Lager zu halten, hat laut Pfister Vorteile: «Bestellt jemand Waren von mehr als einem Nähshop, die den Versand über unser Stofflagerhaus machen, so zahlt der Kunde nur ein Mal Porto.» Zudem würden sich die Anbieter die Portokosten proportional zum Warenwert aufteilen. Fünf Monate nach dem Start der Plattform, ist jede dritte Bestellung händlerübergreifend. In diesem Zusammenhang spricht Pfister von eingesparten Portokosten für die Stoffhändler von rund 20 Prozent.
Für den Kunden hat die Plattform den Vorteil, dass das Angebot deutlich grösser ist als in nur einem Stoffladen. Offenbar trifft Pfister einen Nerv mit ihrem Angebot. Denn obwohl selber nähen teurer ist, als Kleidung im Detailhandel zu kaufen, geben die Leute gerne Geld aus, um mit eigenem Handwerk etwas zu fertigen. «Den Leuten geht es dabei wohl um einen Ausgleich zum digitalen Alltag und darum, etwas Individuelles zu kreieren», sagt Pfister.
Selber machen war auch ihre Motivation. So hat die ausgebildete Mathematikerin vor nicht ganz einem Jahr ihren Job in der Geschäftsleitung des Modehauses C&A an den Nagel gehängt und angefangen, den Marktplatz für Nähläden im Internet aufzubauen. Dazu sagt Pfister: «Dass ich nun meine Leidenschaft fürs Kreative mit einer tollen Business-Idee verknüpfen kann, ist ein Traum, der in Erfüllung geht.» Damit aber nicht genug. Der nächste Schritt führt Stoffwald zurück in die analoge Welt. Nach der Online-Plattform soll in Zürich demnächst ein Showroom eröffnet werden.
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